Raum für Flüsse – Spazio per i fiumi
Ausstellung Herwig Turk, Lungomare, Bozen 2023
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Herwig Turk – Raum für Flüsse
Im Rahmen von FLUX – Aktionen und Untersuchungen entlang der Flüsse hat Lungomare den österreichischen Künstler Herwig Turk eingeladen, die Bozner Flusslandschaften künstlerisch zu erforschen. 2022 erkundete und untersuchte Herwig Turk fotografisch und filmisch die Umgebung, führte Gespräche mit Wissenschaftler*innen und Historiker*innen und dokumentierte damit die Flusslandschaft als ein komplexes System, das sich im ständigen Wandel befindet. Die Ergebnisse seiner interdisziplinären Arbeit bildeten 2023 die Grundlage für die Ausstellung Raum für Flüsse im ehemaligen Wasserkraftwerk Rendelstain.
Kurator*innen
Angelika Burtscher, Daniele Lupo
videos
Rivers of Bolzano
Dokumentation der Ausstellung Raum für Flüsse
Dokumentation der Ausstellung Raum für Flüsse im ehemaligen Wasserkraftwerk Rendelstain in Bozen.
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Im Rahmen von FLUX – Aktionen und Untersuchungen entlang der Flüsse hat Lungomare den österreichischen Künstler Herwig Turk eingeladen, die Bozner Flusslandschaften künstlerisch zu erforschen. 2022 erkundete und untersuchte Herwig Turk fotografisch und filmisch die Umgebung, führte Gespräche mit Wissenschaftler*innen und Historiker*innen und dokumentierte damit die Flusslandschaft als ein komplexes System, das sich im ständigen Wandel befindet. Die Ergebnisse seiner interdisziplinären Arbeit bildeten 2023 die Grundlage für die Ausstellung Raum für Flüsse im ehemaligen Wasserkraftwerk Rendlstain.
Nachdem sich Herwig Turk mit seinem Schaffen bereits eingehend mit dem Tagliamento im Friaul und der Donau in Wien beschäftigt hatte, wendete er nun die für ihn typische transdisziplinäre, dokumentarische Herangehensweise an den Bozner Flüssen an. Im Austausch mit Biolog*innen, Historiker*innen, Wissenschaftler*innen, Biomediziner*innen und Wasserökologen*innen und ihrer Texte, ihrer Bilder und der Beziehung, die der Künstler zu ihnen aufgebaut hat, produzieren andere Wissensformen seine Arbeit und die Ausstellung mit.
Es entsteht das Bild eines dynamischen Flussökosystems, das viele Lebensformen reguliert: die Kreisläufe des Grundwassers, das unterirdisch in die Ströme fließt, die Luft und die Feuchtigkeit in 20 Metern über dem Wasserspiegel, die Wechselwirkung mit den angrenzenden Gebieten, die Pflanzen, die Sand- und Kiesbänke, die organische Materie, die sich dort ablagert. Die in der Ausstellung präsentierte Installation verfolgt diese Forschung zurück, die mithilfe von Durchquerungen, Untersuchungen, Dokumentationen, Interviews und Aufnahmen in enger Beziehung zum Raum durchgeführt wurde. Sie schichtet Fragmente und Materialien, die untereinander in Dialog treten, vermischt dabei Gegebenes, Zeiten und Visionen und konstruiert so eine Vorstellungswelt aus Erinnerung und Projektion, das heißt eine „andere“, schwebende, immer im Entstehen begriffene Landschaft. So wird deutlich, dass der Mensch über die Jahrhunderte durch sein Handeln mit Begradigungen, Regulierungen und Umleitungen, durch die er mit der Zeit seine Beziehung zu den Flüssen in den Städten verloren hat, in das Leben oder besser in die vielen Lebensformen, die den Fluss bevölkern, eingegriffen hat. Auch als Reaktion darauf fordert der Künstler einen Raum für Flüsse, der notwendig ist, um ihren Rechtsstatus und ihre Rechtsfähigkeit innerhalb einer inklusiven Umwelt- und Sozialordnung anzuerkennen.
Gleichzeitig ist Raum für Flüsse ein Projekt, bei dem die Kunst zu einem Untersuchungsfeld wird, um verborgene Diskurse sichtbar zu machen. So ist auch das ehemalige Wasserkraftwerk Rendlstain, das für die Installation ausgewählt wurde, Teil der Reflexion über einen bedeutungsvollen, wenngleich fast „unsichtbaren“ Ort mit vielfältigen und komplexen Bezügen zur Gesellschafts-, Industrie- und Produktionsgeschichte der Stadt.
Begleitet wurde die Ausstellung von einem öffentlichen Programm, bestehend aus Ausstellungsrundgängen mit dem Künstler sowie drei Flussbegehungen mit Expert*innen, die dazu einluden, neue Perspektiven auf die Flusslandschaften einzunehmen und ihren komplexen Zusammenhängen auf den Grund zu gehen.
Die Expert*innen
Roberta Bottarin (Biologin, und Vize-Direktorin Eurac Research)
Peter Hecher (Biologe, Agentur für Bevölkerungsschutz)
Hannes Obermair (Historiker, Eurac Research)
Gianluca Rigobello (Fischer)
Stefan Zerbe (Wasserökologe, Professor in der Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften, Unibz)